Meine Erwartung an den Kongress kann ich gar nicht so genau in Worte fassen. Ich war einfach gespannt, wie bestimmte psychiatrisch-ethische Fragen wie z.B. der Umgang mit sogenanntem "schützenden" Freiheitsentzug oder Entscheidungen gegen den natürlichen Willen von Patienten international diskutiert werden. Für mich erschwerend erschien die Tatsache, dass englisch die Kongresssprache war. Damit konnte ich zwar vielen Inhalten folgen, jedoch nicht unbedingt bis in die Einzelheiten verstehen.
How to do MEDICAL DECISION MAKING? Ein Vortrag zum Thema ...
Überrascht war ich damit festzustellen, dass viele ethische Fragen zwar formuliert, aber wenig lösungsorientiert diskutiert wurden. Manches hätte ich mir praxisnaher gewünscht. Geholfen hat mir immer, wenn ein Vortrag eine Lösung, die vor Ort entstanden war, beinhaltete. Daran konnte ich lernen, vergleichen und überlegen, ob sich das in Deutschland auch anbieten würde. Patentlösungen gab es jedoch nicht - versteht sich ja !!!
Um einen kleinen Einblick in die Vielfältigkeit der Themen zu geben, liste ich einfach mal ein paar der Vortragsthemen auf:
- Im Gesetz verloren: wo bleibt der Patient?
- Diskussionen am Lebensende bei behinderten Menschen
- Sie fallen durch die Maschen: Patienten mit somatischen und psychiatrischen Erkrankungen
- Sind wir müde geworden, psychiatrische Patienten zu versorgen?
- Palliative Versorgung psychiatrischer Patienten
- Welche Patientenfälle sind aus ethischer Sicht kompliziert?
- Ethische Perspektiven des assistierten Suizids
- Welche Rolle haben klinische Ethiker im Behandlungsteam?
- Wie neutral darf / sollte ein klinischer Ethikberater sein?
- nationale und internationale Ethikberatung in Krankenhäusern
- Älterwerden mit chronischer Erkrankung
Die Liste der Vorträge wäre um vieles zu ergänzen. Die Zeit in Washington war für mich jedoch begrenzt, deshalb konnte ich nur in einige der Themen etwas tiefer eintauchen und dem Vortrag - so viel es die immer noch vorhandene Sprachbarriere zuließ - folgen und teilnehmen. Die Postersession zeigte sich ebenfalls äußerst vielfältig und beinhaltete eine thematisch äußerst differenzierte Vielfalt medizinisch ethischer Fragestellungen im klinischen Setting. Hier verzichte ich auf eine thematische Auflistung. Thematisch interessierte Leser zu diesem Themenkomplex können sich auf der Homepage des ICCEC gerne einen differenzierten Überblick über Vorträge und Posterbeiträge verschaffen.
Als Fazit in Bezug auf meine Fragestellung der psychiatrisch ethischen Entscheidungsfindung kann ich feststellen, dass es relativ viele Beiträge zum Themenkomplex der somatisch und psychiatrischen Mehrfacherkrankungen gab. Diese Patienten stellen große Herausforderungen an Kliniken und Stationen, immer mit der Fragestellung, in welchem Setting die beste Versorgung eines individuellen Patienten zu gewährleisten ist. Damit stellt sich für alle Professionen im klinischen Arbeitsfeld die Herausforderung einer optimalen Kooperation und Zusammenarbeit verschiedenster Fachbereiche und die Aufgabe, auch mal bisher existierende Grenzziehungen aufzugeben.
Nach einem gemütlichen Frühstück im "Big Bear Café" (link), einer gemütlichen Szenekneipe in Washingtoner Stadtteil Bloomingdale, mit meinen bisherigen Reisebegleitern fuhr ich dann am Samstagmittag mit der Metro zum nationalen Airport Ronald Reagan in Washington. Von dort ging der nächste Flug direkt zu meinem eigentlichen Hospitationsort ....
Birgit Hahn
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