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02. - 03.08.2018 Tansania

... endlich gelandet! - Teil II

Liebe Blog-LeserInnen,

< zurückübrigens hier in Tansania tickt die Zeit im wahrsten Sinne des Wortes, anders. Die Swahili-Zeitrechnung beginnt bei Sonnenaufgang und endet bei Sonnenuntergang, dies gilt das ganze Jahr aufgrund der Äquatornähe. Der Tag beginnt sozusagen mit der Stunde null (6 Uhr morgens). Die erste Stunde des Tages endet um 7 Uhr am Morgen, d.h. in tansanisch also 1 Uhr Swahili-Zeit, 8 ist 2, 9 ist 3 usw. bis zur 12. Stunde (Sonnenuntergang, westliche Zeit 18 Uhr abds. ), dann fängt die Zählung wieder von vorne mit 1 Uhr an. Da kann man schon manchmal ins Grübeln kommen, welche Zeit wohl gemeint sein könnte ...

Also tut man besser daran nachzufragen, wenn einem die Zeitangabe komisch vorkommt. Wobei nicht garantiert ist, dass das Pünktlichkeit bedeutet! ;))

Der Zeitunterschied zur MEZ beträgt +1 Stunde.

Lushoto und Lutindi liegen, wie schon erwähnt, in den Usambarabergen. Der Hauptort ist Lushoto. Es gibt viel unberührte Naturlandschaften und Bergdörfer in satter grüner Vegetation zu sehen. Die Erde ist sehr fruchtbar, daher kann hier einiges an Obst und Gemüse angebaut werden. Auch gibt es unendlich viele Pflanzen- und kleinere Tierarten zu sehen, viele stehen auf der Roten Liste, der gefährdeten Arten. Die Berglandschaft und der Regenwald laden zum wandern ein ;)).

Übrigens stammt aus den Usambarabergen die in Deutschland (und möglicherweise auf der ganzen Welt) beliebten Usambaraveilchen! Mittlerweile wird diese Pflanze als Topfpflanze überall kultiviert.

Jetzt in den Wintermonaten (Juni bis September) und in der Regenzeit ist es eher trüb, kalt und mit Nebelschwaden besonders morgens und am Abend verhangen und ungemütlich. Aber auch das hat was faszinierendes. Tagsüber ist es in den etwas tiefliegenden Regionen wärmer und so ein Regenwaldwalk kann einen schon ins schwitzen bringen. In Bezug auf Kleidung hilft da nur das „Zwiebelprinzip“.
Die Regenzeit kann die Straßen, zumeist eher Sandpisten, überfluten und zu einer einzigen Lehm-Schlamm-Lawine werden lassen und daher auch unpassierbar machen.

Deutsche Kolonisten fühlten sich in den Usambarabergen wohl. Die Siedler fühlten sich durch das angenehme Klima und der Vegetation an Zuhause erinnert. Viele Siedler bauten gutgehende Plantagen auf und führten ein reges gesellschaftliches Leben. Auch die Missionare ließen sich vorzugsweise in diesem angenehmen Höhenklima nieder.
Besonders Lushoto hatte es den deutschen Siedlern angetan und bauten die Siedlung Wilhelmstal auf (in der Kolonialzeit hieß Lushoto noch Wilhelmstal). Dorthin verlegten die Kolonialbeamten ihre Regierungsgeschäfte und führten sie weiter, wenn es in den Sommermonaten an der Küste zu heiss wurde. Wilhelmstal entwickelte sich zu einer deutschen Kleinstadt mit einem Bezirksamt, einer Polizei, einem Post-, Forst- und Vermessungsamt u.v.m. Es gab sogar Gästehäuser die gesellschaftliche Traditionen aufrecht erhielten. Man findet in Lushoto und Umgebung noch heute Relikte aus der Kolonialzeit, Wohnhäuser und Kirchen  tragen unverkennbar die deutsche Bauweise. Auch existieren noch etliche alte Gräber.

Ich erwähnte eingangs ja schon, dass Gabriela in Lushoto lebt und an der SEKOMU arbeitet und letztendlich sind alle Wege irgendwie mit Bethel in Bielefeld verbunden, so auch diese. Witzigerweise hat Gabriela im Radio Bielefeld ein Jahr Tansania gewonnen, aus diesem einem Jahr sind sieben geworden! Sie hat eine Zeit lang in Bethel gearbeitet und dort auch studiert. Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Idee eines Studiengangs. Mit Unterstützung Bethels und ihrem Arbeitgeber der Nord-Ost-Diözese Wuppertal durfte sie an der SEKOMU den Studiengang Mental Health and Rehabilitation implementieren. Sie ist unter anderem für die StudentInnen zuständig und kümmert sich auch um die Dozenten aus Deutschland. Leider wird sie im nächsten Jahr  nach good old Germany zurück kehren müssen. Umso mehr freue ich mich, sie hier noch anzutreffen.

Die SEKOMU ist eine private Universität und besteht seit 2007. Seit 2012 gehört sie vollständig der Nord-Ost-Diözese der evangelischen Kirche in Tansania an. Dessen Hauptaufgabe darin besteht, den Gemeinden und der Nation eine qualities hochwertige Lehre, Forschung, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit zu bieten. Die Universität bietet folgendes an:

  • Fakultät für Ausbildung in den Bereichen Allgemeinbildung (Masters of Education in Special Education,2 Jahre), Sonderpädagogik (Bachelor of Special Needs, 3 Jahre), Sprache und Literatur und Sozialwissenschaft.
  • Fakultät für Recht/Gesetz (Bachelor, 3 Jahre).
  • Fakultät für Wissenschaft in den Bereichen Ökonomie Tourismus und Naturerhaltung (Bachelor of Science, 3 Jahre ), Naturwissenschaft, Psychische Gesundheit und Rehabilitation (Bachelor of Science, 4 Jahre).

Eine außergewöhnliche Einrichtung, auch in Kooperation mit der Diözese Tansanias, ist die Irente Rainbow School. Mehr als 30 Kinder und Jugendliche gehen in diese spezielle Schule für geistige Behinderung und Autismus, also mit besonderen Bedürfnissen, hier ist der Zusammenhang mit der Uni und dem Studiengang Special Needs.

In einer normalen Grundschule mit einer Klassengröße von 60-100 Schülern, würden diese Kinder untergehen. Wir konnten die Irente Rainbow School nicht besuchen, da sie Ferien haben.
In Tansania gelten Behinderungen vielerorts als Strafe Gottes oder Hexerei. Sogar in den Usambarabergen wurden behinderte Kinder bis vor kurzem noch, nach der Geburt nicht selten einfach von einem Felsen hinabgeworfen.
Der Aberglaube im Land führte oftmals dazu, dass Menschen mit Behinderung und oder ungewöhnlichem Aussehen unschöne Dinge angetan wurden, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte.

Der Studiengang Psychische Gesundheit und Rehabilitation ist der Zusammenhang zwischen Lushoto und dem Lutindi Mental Hospital. Der medizinische Leiter im LMH ist nämlich einer der ersten Absolventen des Studiengangs.
Während ich da war, gab es gerade keine gute Stimmung. Die einheimischen Dozenten bekamen seit längerem kein Gehalt mehr, die Folgen waren unter anderem, dass sie ihre Kinder nicht mehr zur Schule schicken konnten, da es ihnen nicht mehr möglich war die Schule zu bezahlen. Gemeinsam wurde gestreikt. Da die StudentInnen ihr Examen nicht machen können, sind die wiederum  auf die Barrikaden gegangen und demonstrierten beim District Commissioner (Bezirksbeauftragter) in Lushoto City. Daraus folgten Meetings mit schwierigen Verhandlungen. Das Ergebnis ist, dass die MitarbeiterInnen nun die Examen geben und Konditionen für sich aushandeln konnten. Sie haben gewonnen!

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Foto: SEKOMU-University

Hier in Lushoto konnten wir uns langsam umstellen und die Lebensumstände etwas kennenlernen. Eine Regenwaldtour war auf jedem Fall auch drin. Den sind wir sechs stundenlang durchwandert.

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Fotos: Regenwald

Bis dahin in Lutindi ...

Herzlichst Nerissa

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