Grüß Gott liebe Leserinnen und Leser,
heute habe ich die Erfahrung meiner ersten Sterbebeleitung gesammelt.
Zwar weiß ich durch meine Arbeit auf der interdisziplinären Intensivstation in Höxter, dass das Thema Tod und Sterben im Pflegesetting leider oft unvermeidbar ist, jedoch war ich seit meinem staatlichen Examen im vergangenem Jahr bislang nur in der Situation, meinen Kolleginnen bzw. meinen Kollegen bei der Versorgung des Leichnams zu helfen...
Die Patientin, welche die DGKP und ich heute betreuten, befand sich bereits seit 9 Tagen in ihrer letzten (präfinale) Lebensphase. Es machte jedoch den Eindruck auf das medizinische Personal, als könne sie noch nicht vom Leben loslassen und ihr Zustand war mit einer ständigen Achterbahnfahrt zu vergleichen.
Nachdem wir die Patientin heute morgen begrüßten, zeigte sie wenig später längere bradykarde Phasen, die zuvor noch nicht in dem Ausmaß aufgetreten waren. Auch die Zunahme der nahenden Todeszeichen war ein Hinweis auf das bevorstehende Ableben der Patientin. Die DGKP verständigte die Angehörigen der Patientin. Währendessen blieben wir bei der Patientin, hielten ihre Hand und sprachen ihr leise zu. Nach ca. einer Stunde verstarb die Patientin im Beisein der diplomierten Pflegekraft und mir.
Im Vergleich zu Deutschland gab es einige Parallelen, aber auch Unterschiede bei der Versorgung des Leichnams.
Gleich ist, dass der Tod durch einen Arzt festgestellt wird. In Österreich werden alle zu- und ableitenden Systeme jedoch belassen und lediglich abgeklemmt, während in Deutschland diese vollständig entfernt werden, wenn die Todesursache bekannt ist. Nach dem Tod eines Patienten wird dieser in Österreich zugedeckt, ein Fenster geöffnet, ein Kreuz aufgestellt und eine elektrische Kerze angezündet. Dieses ist eine Parallele zu Deutschland. Ein Unterschied ist jedoch, dass die verstorbene Patientin eine Rose auf das sie zudeckende Tuch gelegt bekam, um ihr ein Zeichen der letzten Ehre zu erweisen.
Nachdem der Leichnam für die Verabschiedung der Angehörigen hergerichtet wurde, wurde eine e-Mail an den Prosektor geschrieben. Der Assistent des Prosektors fungiert in Österreich als Vermittler, indem er die Angehörigen über die nächsten Schritte aufklärt und die Weiterleitung zu einem Bestatter organisiert. Der Prosektor stellt hingegen als zweiter, von dem ersten Arzt unabhängigen Arzt, den Tod des Verstorbenen fest.
Der Leichnam verbleibt in Österreich drei Stunden auf der Station. In Deutschland sind es hingegen zwei Zeitstunden. In Deutschland stellen, genau wie in Österreich, auch zwei voneinander unabhängige Ärzte den Tod des Patienten fest. Jedoch findet dieses in Deutschland noch auf der entsprechenden Station statt. In der Zeit, in der der Verstorbene noch auf der Station ist, können die Angehörigen Abschied nehmen. So auch heute bei der verstorbenen Patientin.
Danach bringen zwei Pflegefachkräfte in Deutschland und in Österreich den Leichnam von Station.
Der Raum, in dem die DGKP und ich die Verstorbene brachten, um dort vom Prosektor angeschaut zu werden, war hell und freundlich eingerichtet und glich einem Verabschiedungsraum.
Die Fenster waren mit roten Gardinen mit Goldapplikationen verdeckt und an der Wand hing ein großes Holzkreuz. Seitlich standen zwei Stühle mit einem Tisch und daneben stand in einer Glasvase eine bodenhohe Kerze. Dort ließen wir die Patientin zurück.
Der heutige Tag hat mir wieder einmal vor Augen geführt, welch hohes Maß an Empathie und Fachwissen Grundvoraussetzungen für die Ausübung des Berufs sind. Auch ein professioneller Umgang mit den Angehörigen ist essentiell, um sie in ihrer Trauer entsprechend begleiten und stützen zu können.
Für mich ist der Pflegeberuf viel mehr als nur eine "stumpfe" Abarbeitung von einzelnen Aufgaben. Ich hoffe sehr, dass dieses in der Gesellschaft auch eines Tages endlich seine verdiente Anerkennung wiederfindet!
Morgen habe ich meinen ersten 12 Stunden Dienst. Ich melde mich morgen bei euch, um euch an meiner Erfahrung teilhaben zu lassen.
Bis dahin
eure Iwana
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