Grüß Gott,
so heute war es dann endlich soweit – mein erster 12-Stunden-Tagdienst stand an! Meine Dienstzeit geht von 6:45Uhr bis 19:15 Uhr. Ich habe heute wieder viel gesehen und den Ablauf erlebt, was alles zu einem 12-Std-Dienst dazugehört. Ich berichte euch nur von dem Tagdienst, da ich den Nachtdienst nicht miterlebt habe. Meine Kollegen haben mir aber erläutert, dass dieser Dienst ähnlich zu dem „deutschen Nachtdienst“ (mit 10-Std Arbeitszeit) ist, zudem fallen vor allem Nachts viele situative und sehr individuelle Aufgaben an…
Als erstes möchte ich euch erzählen, dass auf der ICU nur die diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger arbeiten – keine PFA (=Pflegefachassistenten). Ich könnte jetzt mindestens 10 Seiten voll über den Ablauf und die einzelnen Aufgaben der Pflegepersonen (= PP) schreiben, aber ich fasse es für euch in einer Auflistung zusammen – natürlich fehlen dann einige, kleine Aufgaben und Feinheiten:
- 06:55-07:15 Uhr Dienstübergabe vom Nachtdienst an den Tagdienst
- Patientenvorstellung pro Position mit Auffälligkeiten im Nachtverlauf an alle PP’s im Tagdienst + Stationsleitung
- Einteilung der Zuständigkeiten der PP am Tag – ggf. noch zusätzliche Informationsweitergabe der zuständigen PP aus Nacht an Tagdienst
- 07:30-08:00 Uhr interdisziplinäre Visite mit dem Oberarzt (OA), der zuständigen PP, der Stationsleitung, dem Prim. (= „Chefarzt“) & weiteren Fachärzten (z.B. Chirurgen) ® „kurzes Durchgehen“ & Gespräch mit Pat.
- Am Bett des Patienten – momentan laufende Therapie wird analysiert, Auffälligkeiten / Besonderheiten besprochen
- 08:00-08:30 Uhr Frühstück laut Arztanordnung verteilen / vorberieten
- Jeder Pat. bekommt Frühstück, wenn er darf, welches die PP selbst zusammenstellt und vorbereitet – ggf. hilft das Essen angereicht
- OP’s, Diäten oder Untersuchungen werden von PP mit einbezogen
- Anhängen der 08:00Uhr Medikamente als Kurzinfusionen
- Ggf. verabreichen und/oder spritzen von Medikamenten
- Das Pflegepersonal isst parallel mit den Pat. ein kleines Frühstück
- 08:30-11:30 Uhr Pflegemaßnahmen
- Fokus: Körperpflege mit Mundpflege, Kontrolle der Verbände, Drainagen, Zugängen und spezieller Pflege mit Wechselintervallen
- Mobilisierung und Positionierung mit Prophylaxen
- Dokumentation online und Ausfüllen der Scores
- 09:30-11:00 Uhr Visite - interdisziplinär
- Besprechung der einzelnen Pat. in einem extra Besprechungsraum – anwesend sind: OA, diensthabender Anästhesist, Stationsleitung (PP), zuständige PP für Pat. und ggf. Schüler oder weitere Fachärzte
- Es werden die laufenden Therapien besprochen, aktuelle Laborwerte oder Untersuchungsergebnisse vom OA erläutert – dann wird gemeinsam besprochen, was weiter gemacht wird – alle haben ein Mitsprache Recht – gute interdisziplinäre Zusammenarbeit!
- 11:30 Uhr Mittagessen laut Arztanordnung
- die PP stellt das Mittagessen selbst zusammen, bereitet es vor & ggf. hilft sie beim anreichen des Essens
- OP’s, Diäten oder Untersuchungen werden von PP mit einbezogen
- 12:00-14:00 Uhr Pflegemaßnahmen
- Individuell: Körperpflege, Mundpflege, Kontrolle der Verbände, Drainagen & Zugängen, etc.
- Mobilisierung & Positionierung
- Dokumentation
- Die PP haben in dieser Zeit ihre Mittagspause von 30 Minuten und können auch die Station verlassen
- 14:00 Uhr Visite – erneute Evaluation mit den Ärzten
- Was lief an Untersuchungen? Hat sich der Zustand verändert? Neue Aufnahme? Therapieänderungen? Etc.
- 14:30-15:30 Uhr Besuchszeiten
- Begleiten der Angehörigen – Fragen beantworten & zum Arzt vermitteln
- 15:30-16:30 Uhr Pflegemaßnahmen
- Individuell: Körperpflege, Mundpflege, Kontrolle der Verbände, Drainagen & Zugängen, Mobilisierung & Positionierung, etc.
- Dokumentation
- 16:30 Uhr Abendessen laut Arztanordnung (Siehe anderen Mahlzeiten)
- 17:30-18:50 Uhr Pflegemaßnahmen - Individuell (siehe oben)
- Bilanz des Tages – Ein- und Ausfuhr der Patienten insgesamt
- 18:50-19:10 Uhr Dienstübergabe vom Tagdienst zum Nachtdienst
- Patientenvorstellung pro Position mit Auffälligkeiten am Tag mit Untersuchungen, OP oder Computertomografie (CT),etc….
- Einteilung der Zuständigkeiten der PP in der Nacht – ggf. noch zusätzliche Informationsweitergabe der zuständigen PP aus Tag an Nachtdienst
- 19:15 Uhr Dienstende
- Laufend & in jeder Zwischenzeit – den ganzen Tag über:
- Kontrolle jeder Position mit Monitoring & Desinfektion der Oberflächen – ggf. Material auffüllen
- Achten auf fortlaufende Infusions- und Perfusorentherapien/ Bypässe & Ernährung – Vorbereiten und Anhängen von Infusionen
- Zugänge- und Drainagekontrollen – ggf. Verbände erneuern
- Aufnehmen von Pat. - Übernahme von Pat. aus OP / Station oder vom Rettungsdienst mit anschließender Versorgung, Monitoring, Verbänden, etc..
- Mit Stationen Verlegung von Pat. organisieren & alles vorbereiten/ durchführen
- Durchführung der ärztlichen Anordnungen – v.a. Medikation
- Schmerzmanagement
- Blutgasanalysen (BGA) regelmäßig abnehmen und Blutwerte analysieren – enge Zusammenarbeit mit den Ärzten
- Vitalzeichenkontrolle – Zusammenarbeit mit den Ärzten
- Patientendokumentation
- Pat. zu Untersuchungen begleiten – ggf. Monitoring & mit OA gemeinsam
- Sterbebegleitung und palliative Pflege
So das war jetzt ein 12-Std-Dienst mal zusammengefasst. Wie ihr bestimmt gemerkt habt, steht oft die Visite und auch besonders die Pflege im Vordergrund – und das ist auch gut so! Das Team ist wirklich bemüht stets am Patienten zu sein und immer für das beste Wohl zu sorgen, denn man darf nie vergessen, dass es sich um eine Intensivstation handelt – Menschen leben/ erleben Grenzsituationen in ihrem Leben oder kämpfen gar um ihres. Solche Menschen benötigen viel Zuwendung, Aufmerksamkeit und vor allem Unterstützung, um durch diese schwere Zeit hindurchzukommen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit auf der ICU im Franziskusspital Margareten ist sehr gut, denn hier wird miteinander gesprochen und auch die Pflege hat eine Stimme, wenn es um die Versorgung/ Therapie des Patienten geht. Neben den festen Essens- und Visitezeiten fallen jeweils sehr individuell, an den Patienten angepasste Maßnahmen statt, dass man sie kaum im Einzelnen beschreiben kann.
Dieses 12-Stunden-System könnte ich mir in Deutschland, oder eher bei mir auf der Station in Detmold, nicht vorstellen, da der Arbeitsaufwand und Stress dort deutlich erhöht ist. Mit einem besseren Personalschlüssel könnte man über eine Etablierung auch in Deutschland nachdenken. Doch die Anstrengung12 Stunden am Stück stets aufmerksam zu sein ist für mich eine Herausforderung.
Ich hoffe ihr könnt euch nun einen 12-Std-Arbeitstag ein bisschen besser vorstellen und habt einen kleinen Einblick erhalten. Nun habe ich noch zwei Arbeitstage vor mir und dann ist meine Hospitation schon geschafft, denn wie ich in meinem Blog-Post vom 15. Juli berichtete, hat man bei 12-Std-Schichten einige freie Tage mehr.
Bis dahin,
Jenny
|