Hallo aus dem schönen Wien,
Heute wollte ich einmal über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den zwei Häusern – also dem Klinikum Lippe Detmold und dem Franziskus Spital hier in Wien – sprechen. Jedoch sollte ich vorweg sagen, dass die Klinik, in der ich in Deutschland arbeite, circa 1.200 Betten hat und das Spital hier in Wien Margareten 171 Betten zur Verfügung stellt. Es ist ein familiäres Spital und kein großes, kommunales Krankenhaus. Dennoch habe ich einige Differenzen gefunden…
Den größten Unterschied finde ich persönlich ist die Zusammensetzung des Teams. Bei uns kenne ich es so, dass alle aus der Umgebung kommen – also maximal bis zu 30km weit weg von dem Krankenhaus entfernt wohnen. In dem Team hier ist es so, dass sechs Nationen zusammen arbeiten: Deutschland, Ungarn, Slowakei, Bosnien, Kroatien und Indien – kein Österreicher oder Wiener. Vor allem aber wohnen die Kollegen aus der Slowakei und Ungarn noch in ihren Heimatländern. Sie pendeln jeden Tag zu ihren Diensten, oder bleiben dann blockweise und schlafen in einem Schwesternwohnheimzimmer hier in Wien. Ich dachte zu Beginn, dass es sich bestimmt schwierig gestaltet alle Nationen und Temperamente unter einen „Hut zu bekommen“ – aber im Gegenteil: es funktioniert super! Es ist eine super tolle Zusammenarbeit, jeder hilft hier jedem und die Arbeit im gemeinsame Team ist selbstverständlich. Zudem bringt jeder Mal ab und an Essen aus seiner Heimat mit und so lerne ich gleich viele verschiede neue Spezialitäten kennen.
Als nächsten großen Unterschied empfinde ich das hier angewendete 12-Std-Zweischichtsystem zu dem deutschen 8-Std-Dreischichtsystem (Früh-Spät-Nacht). Einen 12-Std-Dienst werde ich dann nächste Woche 3-mal miterleben und von meinen Erfahrungen und der Anstrengung berichten. Aber auch hier finde ich es schwer zu entscheiden welches besser funktioniert, da die Arbeitsbedingungen nicht die selben sind… Welches mich zu meiner nächsten Unterscheidung bringt – dem Pflegepersonalschlüssel. Es betreuen hier drei 12-Std-Tagdienste, ein 8-Std-Tagdienst und die Stationsleitung (8Std) maximal 6 intensivpflichtige Patienten, wir in Deutschland sind deutlich weniger Pflegekräfte auf mehr Patienten gesehen. Dafür haben die Pflegekräfte hier mehr Aufgaben als wir in NRW, denn wir müssen keine Betten oder eher den Bettplatz (mit den Geräten/Monitor) nach einer Verlegung eines Patienten reinigen, bei uns übernehmen das die Reinigungskräfte. Zudem kümmern sich bei uns z.B. die „Dialyse-Schwestern“, welche auf der Dialyse arbeiten, um das Aufrüsten einer Dialyse-Maschine und schließen diese dann auch an den Patienten an – hier ist dies Arbeitsaufgabe der Pflegenden. Auch, leider nicht zu vergessen, ist die Bezahlung, denn die diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger bekommen mehr Gehalt als ihre deutschen Kollegen. Vor allem aber unterscheidet sich die Pension, auch Rente genannt, deutlich von der Deutschen, denn die Österreicher bekommen beim Eintritt in die Rente eine Zusatzzahlung, die ich so in meinem Heimatsystem nicht kenne.
Ein weiter riesen Unterschied ist die technische Ausrüstung, welches nicht zu vernachlässigen ist. Sie dokumentieren hier in einer digitalen Kurve, haben neue Perfusoren, Monitore, Beatmungs- und Dialysegeräte. Jedoch ist das höchst wahrscheinlich auch dem geschuldet, dass die ICU, so wie sie ist, erst seit 4 Jahren existiert. Auf der Intensiv, wo ich grade Arbeite, gibt es noch die Papierkurve und viele ältere Geräte, wobei wir auch nach und nach am Umrüsten sind. Sensationell finde ich auch die Lichter oberhalb der Betten hier auf der Station, welche man in jeder erdenglichen Farbe einstellen kannst, um es dem Patienten so angenehm wie möglich zu gestalten. Außerdem gibt es hier die Möglichkeit über den PC pro Patientenbett Musik abspielen zu lassen, welches sich zusätzlich positiv auf den Patienten auswirken kann.
Nicht zu vergessen sind die Sprachlichen Unterschiede und Anwendung verschiedener Redensarten. Ebenfalls ist hier ein ziemlich „kleines“ Labor wiederzufinden, welches nicht 24-Std besetzt ist und am Wochenende ebenfalls geschlossen hat. In Detmold ist ein großes, eigenes Labor, welchen 24/7 besetzt ist.
Jetzt aber zu den Gemeinsamkeiten. Die Pflege und auch die Medikation unterscheiden sich nur minimal voneinander. Es werden hier sehr ähnliche bis gleiche Therapiemethoden und Medikamentengabe angewendet wie in Deutschland, lediglich einige Dosierungen sind anders. Auch gleich ist der Tagesablauf – zumindest ist er ähnlich mit dem aus meinem Lehr-Krankenhaus. Des Weiteren stehen hier die gleichen „Intensiv-Betten“ wie bei uns in Detmold und auch ein paar Geräte sind gleich, wie z.B. die Ernährungspumpen.
Im Endeffekt ist es doch sehr schwer diese zwei Stationen zu vergleichen, aber dennoch für mich sehr spannend. Ich habe jetzt schon einige Arbeitsweisen und auch Material kennen gelernt, welches ich mit ins Team nach Detmold nehmen werde und vorstellen / vorschlagen werde. Ich finde es spannend zu sehen, wie hier die Intensivmedizin gelebt wird und auch ich konnte meinen Kollegen schon ein paar „Handgriffe“ aus Deutschland zeigen. Auch habe ich gesehen, dass die Pflege am Schluss von allen Unterschieden doch eine Sprache spricht und wir alle – aus all den Nationen – gut und patientenorientiert arbeiten können!
Ich bin auf die nächste Woche mit den 12-Std-Diensten gespannt und werde selbstverständlich berichten.
Bis Dann
Jenny
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